Apps und Webseiten, Teil 2: "Mr. Weatherman"
- Jens Brambusch
- 23. Sept.
- 3 Min. Lesezeit

Auf einem Boot geht der erste Blick am Morgen immer gen Himmel. Wie ist das Wetter? Für Segler ist das eine existenzielle Frage. Woher weht der Wind? Wie stark ist er? Sind Gewitter im Anmarsch? Fragen, die Antworten geben für den anstehenden Tag. Wohin führt die Route? Oder ist der Ankerplatz auch in der kommenden Nacht noch sicher?
Für den eigentlichen Wetter- und Windbericht nutzen wir PredictWind und Windy, für Satellitenbilder und Blitzradar auch WetterOnline. Zu diesen drei Anbietern werden wir später ausführlich und einzeln berichten. Für das große Ganze, die Großwetterlage, schauen wir regelmäßig auf YouTube die Voraussagen von Brian Shields, einem US-Wetterexperten, der unter dem Namen „Mr. Weatherman“ einen Videokanal betreibt und sich auf den karibischen Raum spezialisiert hat. Vor allem während der Hurrikansaison. "Mr. Weatherman" ist wohlgemerkt weder eine App noch eine Webseite, sondern ein YouTube-Kanal, den jeder Segler in der Karibik im wahrsten Sinne des Wortes auf de Schirm haben sollte. Das Abonnement, wie bei YouTube üblich, ist kostenlos.
Als wir vor drei Jahren die Karibik erreichten, war „Mr. Weatherman“ noch so etwas wie ein Geheimtipp. Der Kanal hatte um die 100.000 Follower. Mittlerweile sind es knapp eine Million und Brian Shields gilt als einer der zuverlässigsten Meteorologen für Segler in der Karibik. Vor allem in der Hurrikansaison. Denn anders als wir es von Europa kennen, gibt es in der Karibik eigentlich nur zwei „Jahreszeiten“. Nämlich sechs Monate Hurrikansaison und sechs Monate hurrikanfreie Zeit.
Hurrikansaison bedeutet allerdings nicht, dass unentwegt Tropenstürme entstehen und schon gar nicht, dass sie über die Karibik und damit über Land ziehen. Die meisten Hurrikans und Tropenstürme (Tropenstürme sind die Vorstufe zum Hurrikan) bleiben auf See. Im langjährigen Mittel bilden sich 14 benannte Stürme pro Saison im Atlantik, von denen sich sieben zu Hurrikans entwickeln, und drei von ihnen wiederum zu großen Hurrikans der Kategorie 3 bis 5 mit Windgeschwindigkeiten ab 178 km/h oder stärker.
In dieser Saison, die gerade ihren jährlichen Höhepunkt (Mitte September bis Mitte Oktober) erreicht, haben sich bislang weniger gefährliche Stürme entwickelt als erwartet. Und die, die sich gebildet hatten, blieben weit entfernt von Land. Welche Katastrophen ein Hurrikan allerdings anrichtet, wenn er auf Land trifft, das wurde im vergangenen Jahr deutlich, als Hurrikan Beryl Carriacou und umliegende Inseln heimsuchte und erheblichen Schaden anrichtete. Von daher ist es während der Hurrikansaison wichtig, immer ein Auge auf die möglichen Gefahren zu richten.
Das "Gute" an Hurrikans ist, sie entstehen nicht über Nacht. Eine drohende Gefahr kündigt sich über Tage bis zu zwei Wochen im Vorfeld an. Im Regelfall genügend Zeit, um mit dem Segelboot in sicherere Gefilde zu steuern. Vorausgesetzt man weiß, wohin der Hurrikan zieht. Denn wie sich Hurrikans entwickeln und welche Route sie einschlagen, das unterliegt vielen verschiedenen Faktoren. Und damit sind wir wieder bei „Mr. Weatherman“.
Brian Shields gibt nicht nur Ausblicke auf das Wetter. Vielmehr erklärt er in auch für Laien verständlichen Worten, welche Faktoren für welches Szenario sprechen. Und damit vermeidet er Panikmache, zu der manch anderer Meteorologe neigt, der sich davon Aufmerksamkeit verspricht.
Shields nutzt sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Informationen, wertet die Daten aller gängigen Wettermodelle aus (das amerikanische GFS, das europäische ECMWF, das deutsche ICON, das kanadische CMC, das britische UKMO sowie die Daten vom National Hurricane Center NHC und der NOAA - der National Oceanic and Atmospheric Administration, und ergänzt sie um seine langjährige Erfahrung.
Seit drei Jahren verfolgen wir seine täglichen Wetterberichte und müssen sagen, dass die Vorhersagen mit einer ziemlich hohen Präzision auch so eingetroffen sind.
Durch die exzellenten Erklärungen, mit denen er seine Analysen beschreibt, sind wir mittlerweile selbst zu kleinen Wetterexperten geworden, können die Wetterlage besser einschätzen, wissen, auf welche Parameter (z.B. trockene Luft nimmt Hurrikans die Kraft, Hochdruckgebiete blockieren die Zugbahn, Windscherung kappt die Spitzen der Wolken und minimiert das Risiko) wir achten müssen, um längerfristige Prognosen zu treffen. Uns gibt das Sicherheit.
Hinzu kommt, dass Brian Shields - für einen Amerikaner :) - ein gut verständliches Englisch spricht. Und wer sichergehen will, dass er auch alles richtig versteht, der kann die bei YouTube automatisch generierten Untertitel auf Deutsch wählen. Die funktionieren relativ gut.
Der YouTube-Kanal „Mr. Weatherman“ ist frei verfügbar. Jeden Tag gibt es ein Update, bei Schwerwetterlagen auch manchmal mehrere.
In diesem Sinne
fair winds






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