Blitz lässt Katamaran schmelzen
- Jens Brambusch
- 22. Aug.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 30. Aug.

Luperon/Dominikanische Republik - In der Nacht zum 18. August zieht ein schweres Unwetter über Luperon. Die Bucht an der Nordküste der Dominikanischen Republik gilt eigentlich als eines der sichersten Hurricane Holes in der Karibik, jedes Jahr suchen hier rund 200 Yachten Schutz in den Sommermonaten. Auch wir haben hier die vergangene Hurrikansaison verbracht. Und uns sicher gefühlt. Warum Luperon, gelegen mitten im Hurrikangürtel, als so sicher gilt, dazu in einem späteren Beitrag mehr.
Auch dieses Jahr haben sich bisher alle Prognosen bewahrheitet. Hurrikan Erin, der erste Kategorie-5-Hurrikan der Saison, also der höchsten Stufe, dreht kurz vor Erreichen der Karibik nach Norden ab und lässt die Insel Hispaniola links liegen. So war es auch in der Vergangenheit bei Hurrikans und so ist es auch dieses Mal. Als er auf dem Atlantik an der Dominikanischen Republik vorbeizieht, erreichen nur die Ausläufer die Bucht, mit Böen von gerade mal etwas über 30 Knoten. Entwarnung! Allerdings kommt zu es massiven Gewittern. Aber das ist nicht ungewöhnlich.
Als wir sieben Monate in Luperon verbrachten, gab es viele Abende mit bedrohlichem Blitz und Donner. Doch fast immer machten die Ungetüme einen Bogen um die Bucht. Die Topographie schien wie ein Schutzheiliger über die Bucht zu wachen, teilte die Wolkenmassen, wie einst Moses das Rote Meer. Nur einmal gab es einen Blitzeinschlag ganz in der Nähe - aber ohne Folgen.

In der Nacht zum 18. August war es diesmal anders. Wie die Segler in der Bucht berichten, knallte um kurz nach 2 Uhr nachts ein ohrenbetäubender Blitz von Himmel. Es klang wie ein Kanonenschlag, sagen Segler. Was die wenigsten ahnten, der Blitz war in den 31 Meter hohen Karbonmast des gigantischen Sunreef 70 Katamarans eingeschlagen, der an einem kleinen Privatsteg gleich neben dem beliebten Seglertreffpunkt Las Velas liegt. Der Luxus-Katamaran, Baujahr 2022, hat einen Wert von um die 5 Mio. Euro.
Als nach dem Donnerhall die ersten Segler durch die Luken in den Platzregen starrten, schien alles in Ordnung zu sein. Allerdings roch es nach verbranntem Plastik. Erst wenige Augenblicke später, das zeigen die Bilder einer Überwachungskamera an dem Privatsteg, schlagen Flammen aus dem Fenster im Heck des Steuerbord-Rumpfes, greifen rasch auf den Rumpf der "Capi IV" über. Kurz zuvor ist auf den Aufnahmen der Blitzeinschlag zu sehen.
Zu diesem Zeitpunkt schrillen auf allen Booten in der Bucht die Alarme. Die Segler sind über eine "Emergency" WhatsApp-Gruppe verbunden. Einige wollen helfen, bewaffnet mit Feuerlöschern düsen sie in ihren Dinghys zu dem Katamaran, klopfen an Fenster, rufen, schreien. Doch es scheint niemand an Bord zu sein. Es dauert nur Sekunden, bis das Feuer sich durch das Boot frisst, der Rumpf beginnt bereits zu schmelzen.

Fest steht, mit Feuerlöschern ist dem Brand nicht mehr beizukommen. Die Segler bringen sich in Sicherheit, halten jetzt Abstand zum Kat, warnen diejenigen im Mooringfeld, die von der Katastrophe noch nichts mitbekommen haben. Vor giftigen Dämpfen, möglichen Explosionen und der Gefahr, der Katamaran könnte sich vom Steg losreißen und durch das Feld der Yachten treiben.
It’s just a thing and if it’s hull is burning you can’t stop that. Could have lithium batteries plastics things you don’t want to breathe. You can’t save her. No lives in danger.
"Das Boot ist ersetzbar, und wenn der Rumpf brennt, kann man das Feuer nicht mehr stoppen. Es könnten Lithiumbatterien und Plastikteile darin sein, die man nicht einatmen möchte. Man kann das Boot nicht retten. Es besteht keine Lebensgefahr", lautet frei übersetzt die Mahnung in der Emergency-Gruppe.
Zu diesem Zeitpunkt ist die örtliche Feuerwehr bereits unterrichtet und es scheint klar, dass niemand an Bord ist. Der Eigner des Bootes ist einer der reichsten Männer des Landes, wird für Spritztouren mit dem Helikopter eingeflogen. Auch seine Crew ist anscheinend nicht an Bord. Dem Chatverlauf der Emergency-Group ist zu entnehmen, wie schnell das Feuer sich an Bord ausgebreitet hat und das Boot ein Opfer der Flammen wird. Um 2.57 Uhr fällt der Mast.

Originalauszüge aus der Emergency-Gruppe:
[18.08.25, 02:47:50] ~ PJD: This is going to be a major catastrophe in just minutes
[18.08.25, 02:48:27] ~ JW: It is growning now
[18.08.25, 02:50:38] ~ PJD: Holy shit she’s getting bad!!
[18.08.25, 02:50:58] ~ RTW: Sinking is only answer
[18.08.25, 02:51:01] ~ CL: What’s the wind direction?
[18.08.25, 02:53:48] ~ RTW: If you can smell it, you’re breathing it try to get away from it
[18.08.25, 02:53:59] ~ PJD: That went from “maybe we can put it out” to an inferno fast!
[18.08.25, 02:54:37] ~ RTW: If it were lithiums, there was nothing you were gonna be able to do for it. It is a sad situation. Everyone stay safe and keep away would be my recommendation.
[18.08.25, 02:57:46] ~ JW: Mast just came down
[18.08.25, 02:58:24] ~ JW: The mass fortunately landed straightforward which is going to hold it in place I think the good news that's good news so it won't drift out in the bay but still possible
[18.08.25, 02:59:47] ~ BD: Alarm goes on at the fire department now
[18.08.25, 03:00:33] ~ JW: They are over here... but nothing they can do
[18.08.25, 03:00:45] ~ PJD: Blast some holes in the hull
[18.08.25, 03:01:21] ~ RTW: Who’s got the tank tools they must have a round or two we can log into it
[18.08.25, 03:03:32] ~ PJD: Power is out on the cat. Lights all dead. They were on before
Das Feuer wütet die ganze Nacht. Auch die örtliche Feuerwehr kann es nicht löschen, aber immerhin unter Kontrolle bringen. Bei Sonnenaufgang lodern immer noch Flammen.

Der Fall zeigt einmal mehr, wie gefährlich Blitzeinschläge für Boote sein können. Nach Angaben des Eigners soll der Katamaran sogar über einen Blitzschutz verfügt haben.
Vor drei Jahren hatte ich im Floatmagazin über die Gefahren eines Blitzschlags geschrieben. Laut Pantaenius, dem führenden europäischen Versicherer von Yachten, hätten sich demnach in den vergangenen Jahren die Schadensfälle durch Blitzschläge verdreifacht. Mittlerweile machten diese Schäden rund zehn Prozent der Gesamtschadensumme aus.
Aber Holger Flindt, der Leiter der Schadenabteilung, beruhigte auch. Es gebe sie zwar, die tragischen Fälle, bei denen Segler durch Blitzschlag sterben oder das Boot anschließend sinkt, weil die enorme Energie die Seeventile gesprengt hat. In 20 Jahren, sagt Flindt, seien ihm aber nur zwei solcher Fälle auf den Schreibtisch gekommen. In der Regel bleibt es bei Schäden an der Bordelektrik.
Das tragische Ende der Sunreef 70 in Luperon scheint also eher eine Ausnahme als die Regel zu sein.

Den Bericht "Wie schütze ich mein Boot bei Gewitter" gibt es hier:







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