top of page

Finger rein! Joghurt selbst gemacht


Wahrscheinlich gibt es nur wenige Boote, auf denen der Pro-Kopf-Verbrauch an Joghurt größer ist als auf der Dilly-Dally. Und dabei ist die eine Hälfte der Crew nicht einmal ein besonderer Joghurt-Enthusiast, dafür die andere Hälfte türkisch. Und das erklärt eigentlich schon alles.


Denn Joghurt ist neben dem Döner wohl die bekannteste türkische Errungenschaft, die die Welt erobert hat. Selbst das Wort „Joghurt“ ist türkisch, wird allerdings etwas anders geschrieben. Merkwürdigerweise ohne ü oder ö, dafür mit diesem netten Wölkchen über dem g, dem sogenannten Yumuşak G (ğ), das wiederum nicht gesprochen wird, sondern lediglich den vorangegangenen Vokal verlängert. Der türkische ‚yoğurt‘ wird also ‚yoo-urt‘ ausgesprochen.


Aber kommen wir von der Linguistik wieder zurück zur Kulinarik, nehmen aber einen kleinen Umweg über die Historik. Yoğurt heißt übersetzt „gegorene Milch“. Die Tradition, Milch durch Fermentation haltbar zu machen, reicht bei den Turkvölkern in Zentralasien, den Vorfahren der heutigen Türken, weit zurück. Sie trugen bereits Milch in Satteltaschen mit sich, wo sie durch die Wärme und die natürlich vorkommenden Bakterien fermentierte. Joghurt war somit von Anfang an ein Grundnahrungsmittel bei den Turkvölkern. Und so dürfte auch Arzums Abhängigkeit von Joghurt den Genen geschuldet zu sein. Kaum ein Gericht, das sie ohne Joghurt als Beilage isst. Ich warte nur noch auf den Tag, an dem sie eine Stulle mit Nutella ebenfalls in Joghurt dippt.


Und so ist es nicht verwunderlich, dass unseren Kühlschrank die größte auffindbare Tupperdose versperrt, die gerade noch durch den Deckel passt. Platz, den die eine Hälfte der Crew eben mit Joghurt füllt, die andere Hälfte jedoch lieber zur Kühlung urdeutscher Lebensmittel verwenden würde, wie Bier oder Leberwurst vom Schwein. Um des lieben Bordfriedens Willen ist es allerdings ratsam, den Joghurt, den die Aura eines Heiligtums umgibt, nicht in Frage zu stellen.


Jetzt ist aber so, dass gerade auf Langfahrt Destinationen angesteuert werden, die eben nicht dem Joghurt-Wahn verfallen sind. Zum Glück ist das Herstellen von Joghurt aber ein Kinderspiel und somit zum Bordalltag geworden.


Die Zubereitung

Alles, was man dazu braucht ist ein Liter Milch (frisch oder haltbar, fettreich oder fettarm), ein Esslöffel Joghurt (in der Regel der letzte Rest aus der Tupperschale) und einen Finger (im Idealfall gewaschen).


Nun wird die Milch aufgekocht, nur um sie dann wieder auf etwa 44 Grad abkühlen zu lassen. Dazu braucht es aber kein Thermometer, sondern den bereits erwähnten Finger. Steckt man den in die Milch und kann ihn mehrere Sekunden dort ohne Schmerzen belassen, ist die Temperatur perfekt. Wirft der Finger Blasen, gerne noch etwas warten :)


Nun den Esslöffel Joghurt in einen Topf oder eine Schale geben und mit zwei bis drei Löffeln der Milch langsam vermengen, dann immer mehr der Milch dazugeben bis alles vermengt ist. Nun den Behälter abdecken und über Nacht für etwa zwölf Stunden ruhen lassen. Bei uns an Bord blockiert er den Salontisch. Als Deckel nehmen wir ein Sieb, damit sich keine Kondenstropfen bilden können, dann noch das ganze mit einem Tuch abdecken. Fertig ist der Joghurt.


Afiyet olsun!



1 Kommentar


Manuela D.
16. Sept.

Danke für die ausführliche Beschreibung wie man Joghurt macht! Jetzt kann ich endlich mein Joghurt ohne Strom herstellen!🙏👍🙋🏻‍♀️

Gefällt mir

beim segeln 2.HEIC

Über mich

Jens Brambusch, Jahrgang 1972, ist studierter Islamwissenschaftler und arbeitete viele Jahre als Reporter  bei der Financial Times Deutschland (FTD) und dem Wirtschaftsmagazin Capital . Ausstieg 2018. Seitdem Buchautor und freier Journalist. Schreibt noch gelegentlich für Magazine wie Stern, Spiegel oder Capital, regelmäßig für das Wassersportmagazin Float. 

 

Mein Newsletter

Vielen Dank für Ihre Nachricht!

© 2035 Die Welt sehen. Erstellt mit Wix.com

  • Facebook
  • Instagram
  • Pinterest
  • X
bottom of page