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Linsenfrikadellen - fleischlos glücklich

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Wir hatten ja bereits bei der Zubereitung von Hummus über die Vorteile von getrockneten Hülsenfrüchten an Bord berichtet. Stichworte: Lagerung, Haltbarkeit und Nährstoffe. Und das trifft nicht nur auf Kichererbsen zu, sondern auch auf Linsen. Von daher haben wir immer einen großzügigen Vorrat an getrockneten und vakuumierten Linsen an Bord. Mal die typischen türkischen roten, aber auch die normalen braunen Linsen. Um diese geht es heute. In der Karibik gibt es die Linsen auch in Konservendosen, wir benutzen aber die getrockneten. Das spart Müll. Und anders als bei Kichererbsen, brauchen die getrockneten Linsen vor dem Verzehr auch nicht stundenlang eingeweicht zu werden. Ab in den Topf, kurz kochen, fertig.


Als Arzum das erste Mal an Bord ihre Linsen-Frikadellen kredenzte, hörte ich bei der Essensbeschreibung wohl nur mit einem Ohr zu - oder sie nuschelte das „Linsen“ in den Frikadellen bewusst. Jedenfalls freute ich mich auf leckere Buletten, Frikadellen oder Fleischpflanzerl, wie die gebratene Hackfleischmasse in Bayern genannt wird und dabei keinen Hehl aus der Hauptzutat macht. Nämlich FLEISCH!


Für alle carnivoren Esser zuerst die ernüchternde Nachricht: Bei Linsen-Frikadellen handelt es sich wirklich um ein vegetarisches Gericht, nur für den Fall, dass die Hoffnung noch nicht versiegt war, dass die Linsen vielleicht nur eine weitere Zutat zu totem Tier sein würden. Nun aber die gute Nachricht: Wenn man es nicht besser wüsste, würde man den Unterschied zwischen Linsen und Hackfleisch gar nicht unbedingt bemerken. So ging es nicht nur mir, sondern auch Freunden, die zu Gast waren. Ein schwedischer Segler aß die Linsen-Frikadellen zunächst nur aus Höflichkeit, probierte erst zaghaft eine, nahm dann eine zweite und fragte verschämt nach einer dritten. Eigentlich, sagte er, sei der Vegetarier, aber die Frikadellen würden ihm so gut schmecken, dass er einmal eine Ausnahme mache. Als wir ihm offenbarten, es handele sich um vegetarische Frikadellen, wollte er das zunächst nicht glauben. Mir ging es ähnlich. Mittlerweile gehören die Linsen-Buletten zu unserem festen Speiseplan.


Gekochte Linsen, noch rohe Zwiebel (die Menge in den Bildern entspricht der doppelte Portion gegenüber dem Rezeptvorschlag.
Gekochte Linsen, noch rohe Zwiebel (die Menge in den Bildern entspricht der doppelte Portion gegenüber dem Rezeptvorschlag.

Auch wenn wir an Bord der Dilly-Dally eine kleine Tiefkühltruhe haben, ist der Platz begrenzt. Wir können also nicht bedingungslos Fleisch bunkern. Und mal eben nachkaufen, ist auch auf manchen Inseln oder in einigen Ländern Ländern schwer, teuer oder enttäuschend. Die Auswahl ist meist ebenso begrenzt wie die Qualität. In der Karibik hat das Hühnchen die Küche erobert, meist importiert aus den USA. Dabei weisen die Hühnchen eine Gemeinsamkeit mit öffentlichen Schwimmbecken auf. Bei beiden kommt Chlor zum Einsatz, um Keime und Bakterien abzutöten. Lecker! Und so hat sich unser Fleischkonsum an Bord ohnehin reduziert. Vor allem, wenn wir fischreiche Gewässer kreuzen.


Linsen in der Bordküche waren schon in grauer Vorzeit ein Hauptbestandteil in Smutjes Reich. Und das aus gutem Grund.  Denn Linsen gelten als eine der besten pflanzlichen Proteinquellen. Und Protein ist wichtig für den Muskelaufbau, die Reparatur von Gewebe und viele andere Körperfunktionen. Die Verarbeitung von Linsen zu Frikadellen setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Denn die Kombination mit Haferflocken oder Getreide, die als Bindemittel dienen, verbessert die biologische Wertigkeit des Proteins, noch einmal, was bedeutet, dass der Körper die Proteine  noch besser verwerten kann.

Fertig zum Vermengen!
Fertig zum Vermengen!

Linsen sind zudem voll von Ballaststoffen. Diese sind entscheidend für eine gesunde Verdauung, beugen Verstopfungen vor und tragen dazu bei, den Blutzuckerspiegel stabil zu halten. Ein hoher Ballaststoffgehalt sorgt zudem für ein langanhaltendes Sättigungsgefühl, was gerade bei langen Schlägen wichtig ist, da somit die Zeit in der wackeligen Kombüse verkürzt werden kann.


Linsen enthalten darüber hinaus eine Vielzahl wichtiger Nährstoffe, darunter Eisen, Magnesium, Vitamin B9 (Folsäure) und weitere B-Vitamine, die den Energiestoffwechsel und das Nervensystem  unterstützen. Der hohe Gehalt an löslichen Ballaststoffen und Polyphenolen in Linsen kann außerdem dazu beitragen, den Cholesterinspiegel zu senken und das Risiko für Herzkrankheiten zu verringern. Und im Gegensatz zu traditionellen Frikadellen aus Fleisch sind Linsenfrikadellen von Natur aus fettarm - zumindest wenn man sie nicht in einem Meer aus Butter versenkt.


Die Zubereitung:


Die Zutaten für die Linsenfrikadellen sind überschaubar und gut zu proviantieren. Im ersten Schritt werden die getrockneten Linsen, beispielsweise zwei Tassen, in der doppelten Menge an Wasser und einer Prise Salz gekocht - für etwa 15 bis 20 Minuten, bis sie schön weich sind oder das Wasser komplett verkocht ist. Anschließend die Masse abkühlen lassen, bevor die restlichen Zutaten hinzugefügt werden. Das ist wichtig, denn ein warmer Teig ist schwieriger zu verarbeiten und die Frikadellen können leichter zerfallen.


Kleiner Tipp um Gas zu sparen: Wir kochen immer eine größere Menge an Linsen und frieren die nicht benötigte Menge für die schnelle Zubereitung bei Bedarf ein.




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In der Zwischenzeit klein geschnittene Zwiebeln in der Pfanne andünsten (wahlweise in Öl oder Butter), bis sie Aroma und Farbe entwickeln und schön weich werden. Anschließend die Linsenmasse zusammen mit den Zwiebeln vermengen und die restlichen Zutaten hinzufügen. Für die Bindung verwendet Arzum, was gerade an Bord zu finden ist. Das klassische Paniermehl oder Semmelbrösel, es gehen aber auch Haferflocken, Kartoffelstärke, Speisestärke oder Johannisbrotkernmehl. Und wenn davon gar nichts an Bord zu finden ist, tut es auch eine zerdrückte gekochte Kartoffeln. Freunde benutzen auch zerbröselte salzige Kekse wie Tuc (ohne dafür Werbung machen zu wollen). Dazu gibt sie ein Ei.


Für den Geschmack kommen Kreuzkümmel (Cumin), getrocknete Minze (in Ermangelung lässt sich auch ein Beutel mit Pfefferminztee aufschneiden) und für die gewisse Schärfe etwas Chili hinzu. Wenn vorrätig, passt auch Petersilie. Jetzt das Ganze gut vermengen, bis eine gut formbare Masse entsteht, Frikadellen formen und ab damit in die Pfanne zum kurz anbraten. Fertig sind die Linsenfrikadellen. Wir essen sie mal als Hauptgericht, dann oft mit einem Dip wie Zaziki (oder, wie Arzum natürlich sagt, aus Cacık, dem türkischen Pendant), oder als Beilage. Guten Appetit!


Die Zutaten: (für etwa 10 bis 12 Frikadellen)


2 Tassen Linsen (Tellerlinsen)

2 mittelgroße Zwiebeln

1 Tasse Paniermehl (oder wahlweise andere Bindemittel)

1 Ei

1 EL Kreuzkümmel (Cumin)

1 El Minze (trocken)

1 El Chilli

Und falls vorhanden etwas Petersilie

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beim segeln 2.HEIC

Über mich

Jens Brambusch, Jahrgang 1972, ist studierter Islamwissenschaftler und arbeitete viele Jahre als Reporter  bei der Financial Times Deutschland (FTD) und dem Wirtschaftsmagazin Capital . Ausstieg 2018. Seitdem Buchautor und freier Journalist. Schreibt noch gelegentlich für Magazine wie Stern, Spiegel oder Capital, regelmäßig für das Wassersportmagazin Float. 

 

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