Das Bordbrot - einfach und simpel
- Jens Brambusch
- 23. Aug.
- 5 Min. Lesezeit

Der Deutsche und sein Brot, das ist eine lange und bisweilen leidvolle Geschichte. Gerade auf Langfahrt kommt man an Orte, an denen die Brotkultur Entwicklungshilfe verdient hätte. Oder man schippert wochenlang mutterseelenallein und verlassen von allen guten Bäckern über die Weiten der Ozeane. Was gibt es da Schöneres, als am frühen Morgen nach einer langen Nachtschicht an Deck den Duft von frischem Brot aus der Kombüse zu erhaschen und das noch dampfende Backwerk unter einer dicken Schicht Nutella zu beerdigen oder wahlweise eine Stulle mit Wurst oder Käse zu belegen?
Um diesen Genuss nicht missen zu müssen, haben viele Langfahrtsegler einen Brotbackautomaten an Bord, quasi den Autopiloten der Kombüse, einen automatischen Handlanger, der mischt und knetet, den Teig gehen lässt und anschließend backt. Klasse Sache, sollte man meinen, aber ein Backautomat hat zwei Nachteile. Der eine ist der Stromverbrauch, der andere die geringe Halbwertszeit dieser Haushaltsgeräte, die eher für die heimische Ikea-Einbauküche Knoxhult konzipiert wurden als für die knackigen Bedingungen auf See, bei denen das Salz in der Luft schneller an Kabeln und Elektronik knabbert als ein Mehrkornbrot verputzt ist.
Wir halten es mit der K.I.S.S.-Methode - keep it simple and smart. Alles, was wir für unser Brot brauchen, ist eine Form und ein Backofen. Viele Segler schwören auch auf den Omnia-Camping-Backofen, der einfach auf die offene Flamme gestellt wird. Manche Menschen haben das Brotbacken zu einer hohen Kunst erkoren, kneten bis der Schweiß fließt, lassen das Brot gehen, achten akribisch auf die Temperatur, damit die Hefe sich bloß nicht unwohl fühlt, kneten erneut, lassen gehen, kneten. Wir sind da eher faul. Und deshalb backen wir das Brot nach einer Methode unseres Segelfreundes, Kochs und Restaurantbesitzers Jens Reckermann. Mit nur einem Satz hatte er uns überzeugt:
Lass doch einfach die Hefe die Arbeit machen!
Alles, was wir für das Seglerbrot brauchen, kann man sehr gut proviantieren. Mehl, Trockenhefe, Salz, Zucker, Wasser und einen Spritzer Essig. Das sind die Basics. Und je nach Gusto darf man gerne mit einer Handvoll Nüssen oder Kernen, vielleicht auch mal mit ein paar Kräutern experimentieren.
Wichtig ist, aber dazu wird es später einen ganzen Beitrag geben, dass das Mehl auf einem Boot direkt nach dem Kauf vakuumiuert werden sollte. Einerseits hält das die Feuchtigkeit fern, andererseits hält es Ungeziefer ab, die oft schon mit dem Einkauf an Bord kommen. Gerade Vegetarier mögen die unfreiwillige Proteinbeigabe im Mehl nicht.
Welches Mehl Ihr verwendet, ist eigentlich schnuppe. Wir benutzen am liebsten ein dunkles, mal ein Roggen- oder Mehrkornmehl, aber mangels Alternativen auch oft ein einfaches Weizenmehl. Wer auf Langfahrt ist wird wissen, dass proportional zur zurückgelegten Strecke die Auswahl an Mehlsorten abnimmt. Oft muss man das nehmen, was man bekommt.
Einige Segler pflegen in ihrem Kühlfach auch einen Sauerteig. Das ist super und lecker, uns aber zu anstrengend. Wir füttern lieber uns selbst, als einen gefrässigen Tamagotchi aus Mehl und Wasser. Und deshalb greifen wir auf Hefe zurück. Meist Trockenhefe, einfach deshalb, weil sie länger haltbar ist als frische Hefe und besser zu bunkern. Ein Tütchen Trockenhefe reicht locker für zwei Brote. Und weil ein leckeres Graubrot einen Hauch Säure verdient, greifen wir auf Essig zurück. So türken wir das Hefebrot als Sauerteigverschnitt.
Wir backen unser Brot in einer dieser wabbeligen Silikonformen. Das hat mehrere Vorteile: Zum einen lassen sich Silikonformen wunderbar verstauen, sie kratzen nicht am schönen Holzinventar und rosten auch nicht. Zum anderen lässt sich später das Brot wunderbar aus ihnen lösen.
Da unser Seglerbrot möglichst wenig Arbeit machen soll, setzen wir den Teig auch gleich in der Silikonform an. Das erspart schon mal den nervigen Abwasch einer Schüssel mit Teigresten. Die genauen Mengenangaben fassen wir am Ende des Textes noch einmal zusammen. Auch wenn wir mangels präziser Waage immer nur Pi mal Daumen backen und kochen. Ohnehin hat sich herausgestellt, dass manche Mehlsorten mehr andere weniger Wasser benötigen, um eine angenehme, leicht klebrige Textur zu bekommen. Von daher sind die Mengenangaben nur Anhaltspunkte. Und das Gute ist: der Teig verzeiht vieles.
Für ein Brot nehmen wir eine halbe Packung Mehl, also rund 500 Gramm, und schütten es in unsere Silikonform. Dann vermengen wir in einem Glas 300 bis 350 ml lauwarmes Wasser mit einer halben Tüte Trockenhefe und einem guten Teelöffel Zucker. Wichtig ist, dass das Wasser wirklich maximal Badewassertemperatur hat. Bei mehr als 40 Grad siechen die Hefepilze nämlich dahin. Der Zucker dient als Dopingmittel für die Hefe.
Nun einmal alles mit einer Gabel gut verrühren und dann langsam das Wasser dem Mehl beimischen. Nicht alles auf einmal, lieber nach und nach. Dabei wird das Wasser mit dem Mehl mit einer Gabel vermengt, wer will, kann auch seine Patschehändchen nehmen (aber Achtung, das Mehl-Wasser-Gemisch klebt wie Sikaflex an den Pfoten).

Gerührt und nicht geknetet
Der Teig braucht nicht geknetet zu werden, es reicht vollkommen aus, wenn das Mehl und das Wasser sich einigermaßen vermengt haben. Selbst wenn noch ein paar Mehlspuren zu sehen sind, ist das vollkommen in Ordnung. Schließlich wollen ja nicht wir die Arbeit verrichten, sondern sourcen sie an die Hefe aus. Wenn der Teig zu einer klebrigen Masse geworden ist, ergänzen wir nun das Salz und den Spritzer Essig und rühren es noch einmal unter. Fertig ist der Teig. Wer will, kann nun auch die Nüsse beimengen. Das Salz ist quasi der Gegenspieler zum Zucker. Geschmacklich, wie aber auch arbeitstechnisch, denn das Salz bremst den Stoffwechsel der Hefe. Sie kann sich nicht mehr so schnell vermehren und produziert weniger Kohlendioxid, was den Teig langsamer aufgehen lässt. Und genau das wollen wir erreichen.
Wir packen den Teig samt Form nun in Klarsichtfolie und stellen ihn in den Kühlschrank. Für mindestens ein paar Stunden, im Idealfall über Nacht. Zeit, in der die Hefe langsam arbeiten kann. Denn unter 10 Grad verlangsamt sich der Stoffwechsel der Hefezellen, aber sie sterben nicht ab. Bei diesem Prozess ("lange, kalte Gare" genannt), entwickelt der Teig komplexere Aromen.
Die Vorteile gegenüber der Gärung bei Zimmertemperatur sind eine intensivere Geschmacksentwicklung, eine bessere Verträglichkeit, eine verbesserte Krume und Struktur und längere Frischhaltung. Auch wenn letzters nicht unbedingt notwendig ist, denn das Brot schmeckt so gut, dass es ratzfatz aufgefuttert sein wird.
Am nächsten Morgen kommt das Brot auf die mittlere Schiene in den Ofen. Da die meisten Bootsöfen nicht unbedingt High-End-Produkte sind, drehen wir die Flamme auf volle Pulle. Nach etwa einer halben Stunde klopfen wir mal zaghaft auf die Kruste, ist die bereits stabil, befreien wir das Brot aus der Form und legen es kopfüber auf das Rost, lassen es noch einmal zehn Minuten backen. Dadurch wird die Kruste noch knackiger. Wer in seinem Ofen Oberhitze hat, kann diesen Schritt auch weglassen. Wir jedenfalls haben keine Oberhitze.
Und jetzt: Guten Appetit!
Die Zutaten:
500 g Mehl
330ml laumwarmes Wasser
eine halbe Tüte Trockenhefe
ein guter Teelöffel Zucker
etwas weniger Salz
ein Spritzer Essig
nach Geschmack Nüsse oder Kerne







Wir haben das Brot mal probehalber zu Hause gebacken. Ofen auf 230°C mit Ober- und Unterhitze vorgeheizt. 30 Minten Backzeit, fertig. Leider gat das Brot nicht wirklich lange gehalten, es schmeckte einfach zu gut.
Das ist endlich mal ein Brot das man auch an Bord ohne Probleme zubereiten kann. Mit der Gabel direkt in der Backform zubereitet, Top.
Vielen Dank für das prima Rezept